Liv Strömquist: Der Ursprung der Liebe

(Besprechung 2020)

Comics sind vielfältig. Ein traditionsreiches  Subgenre ist die essayistische, erklärende Bildergeschichte, der sogenannte Sachcomic. Ein komplexes Thema wird mit Mitteln des Comics bearbeitet. In den 7O er Jahren war eine kleine Reihe bei uns populär, die Freud, Marx und Atomkraftwerke erklärte („Marx für Anfänger“, etc.).

Liv Strömquist verbindet diesen Ansatz mit einer klaren feministischen Haltung. Ihr Comic „Der Ursprung der Welt“ wurde 2017 in Deutschland veröffentlicht und war so erfolgreich, dass der avant-Verlag nun auch das Vorgängerbuch „Der Ursprung der Liebe“ publiziert hat. Die beiden Comics der schwedischen Zeichnerin und Politologin kann man durchaus nacheinander lesen. „Der Ursprung der Liebe“ ist eine politische Kulturgeschichte der Liebe, die eindrücklich und kurzweilig vor allem eins demonstriert: das Liebe keineswegs ein natürliches, individuell bestimmtes Gefühl ist, viel mehr ein Konstrukt, hinter dem Interessen stehen. Warum, so die entwaffnende Ausgangsfrage, sind die vier bestbezahlten Comedians weltweit mit ihren frauenverachtenden Witzen so erfolgreich geworden?

Strömquist untersucht aber auch, warum sich Frauen in so zerstörerische Beziehungen begeben wie das z.B. Whitney Houston in ihrer Ehe mit Bobby Brown getan hat.

Genau wie in „Der Ursprung der Welt“ präsentiert Strömquist eine Vielzahl  auch eher unbekannter Quellen, um ihre Thesen zu entwickeln. Sie lässt historische Personen zu Wort kommen, redet dazwischen, verbildlicht oft abstruse Ansichten in kurzen Strips. John Harvey Kellogg beispielsweise hat nicht nur Cornflakes erfunden, als Arzt vertrat er auch die Ansicht, dass Onanie zu Gebärmutterkrebs und Epilepsie führt. „Der Ursprung der Welt“ beschäftigt sich mit der gesellschaftlichen Tabuisierung der Vulva und der Menstruation.

Strömquist setzt verschiedene Stile ein. Das  ist abwechslungsreich und hilft, das umfangreiche Material zu verarbeiten.  Natürlich streift sie durch ihren breiten Ansatz vieles nur, aber sie macht neugierig.

Strömquist zeigt in beiden Comics, dass die Absurditäten und frappierenden Ungerechtigkeiten keineswegs alle der Vergangenheit angehören. Liv Strömquist ist nicht umsonst ein Star in Schweden, der sich in den verschiedenen Medien deutlich zu politischen Fragen äußert.

Ihr Comics sind aufschlussreich, vergnüglich und ganz gewiss nicht nur für Feministinnen.

Erschienen im avant-verlag

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